Fridays For Future in Zeiten einer Pandemie
An der EGE engagieren sich einige Schülerinnen und Schüler bei Fridays For Future. Wir haben nachgefragt, wie das in der Corona-Krise funktioniert und was sie sich von der Zukunft erhoffen – Helene Adam aus der 11 gibt uns Antworten.

Newspager: Hallo Helene. Erkläre unseren Lesern doch bitte nochmal genau, was ihr bei Fridays For Future überhaupt macht.
Helene: Das ist eine Jugendbewegung, die sich dafür einsetzt, dass die Politik mehr für Klimaschutz macht. Durch Demonstrationen soll dazu aufgefordert werden.
Newspager: Nun werden ja die meisten Demos aufgrund der aktuellen Pandemie eingeschränkt, beziehungsweise gar nicht erst stattgegeben. Jedoch gab es am 19. 3. einen globalen Klimastreik, bei dem über 250 Ortsgruppen in Deutschland mitgemacht haben. Wie habt ihr das mit den Coronabestimmungen unter einen Hut bekommen?
Helene: Da gab es verschiedene Möglichkeiten. Viele haben einen Online-Streik gemacht, das heißt, es wurden zum Beispiel Fotos mit Demoschildern hochgeladen. Es gab aber auch Corona-konforme Aktionen, also entweder Streiks mit Abstand oder auch eine Fahrraddemo – wenn du auf dem Fahrrad sitzt, hältst du den Abstand automatisch ein. Für alle, die selbst keine Demo machen konnten, aber die Stimmung erleben wollten, gab es einen Livestream aus Berlin mit Redebeiträgen und großartiger Musik. Wir hier in Annaberg haben nichts Großes gemacht, sondern uns eher auf den Online-Bereich verlegt.
Newspager: Am 26. September 2021 steht die Bundeswahl an. Fridays For Future appelliert immer wieder an die Politik. Was genau erhoffst du dir vom Ausgang der Wahl?
Helene: Es ist wichtig, dass sich wirklich aktiv für Klimaschutz eingesetzt wird, und dass konkrete Vorschläge entwickelt werden, wie mehr Klimaschutz umgesetzt werden kann und dass dies vor allem möglichst zeitnah passiert. Die Ziele der Regierung wurden bis jetzt immer ziemlich weit in die Zukunft gesteckt, es muss aber jetzt etwas passieren, um die Klimakatastrophe aufzuhalten. Es gibt bereits viele, auch machbare Ideen, aber die müssen auch durchgeführt werden. Deutschland sollte eine Regierung wählen, die wirklich dafür steht, das alles umzusetzen.

Newspager: Du selbst bist wie alt?
Helene: Siebzehn.
Newspager: Also kannst du selbst noch nicht wählen. Wärst du dafür, dass man ab sechzehn schon wählen kann, oder bist du mit der achtzehn-Grenze ganz zufrieden?
Helene: Für viele, die sehr engagiert sind, wäre es sehr gut, das schon ab sechzehn zu machen. Ich denke, dass sich jetzt viele Jugendliche schon sehr gut informieren und eine gute Meinung haben, deshalb würde ich das definitiv für sinnvoll halten.
Newspager: Auf der offiziellen Website von Fridays For Future ist ein Zitat vom französischen Dramatiker Molière zu finden. Er sagt, „Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“ Könnte man das, in Bezug auf Umweltschutz, als ein Motto der Jugendklimaschutzorganisation ansehen?
Helene: Auf jeden Fall. Denn gerade das, was wir nicht tun, zum Beispiel auf Plastik verzichten oder Fahrrad fahren statt Auto, hat genauso einen Einfluss auf die Umwelt wie das, was wir tun. Ob wir Fahrrad fahren und Bäume pflanzen, oder nicht. (lacht)
Newspager: Wie genau hat Fridays For Future hier in Annaberg-Buchholz angefangen? Kannst du uns etwas von eurem Team erzählen?
Helene: Vor circa drei Jahren, also als der Hype um FFF überhaupt anfing, hat das hier begonnen. Da hatte sich speziell eine Schülerin dafür engagiert, in Annaberg eine Ortsgruppe aufzubauen. Ein paar Schüler und Schülerinnen von verschiedenen Schulen in Annaberg, die jetzt auch schon aus der Schule raus sind, haben sich dann zusammengetan und nach und nach kamen neue dazu. Wir sind eine ziemlich kleine Ortsgruppe, und tatsächlich bestehen wir jetzt hauptsächlich aus Schülern der EGE – das ist eigentlich schade, denn wir würden auch gerne mehr Leute von anderen Schulen mit reinbringen.

Newspager: Im Erzgebirge finden sich viele konservative Sichtweisen – besonders bei Themen, die mit Veränderung zu tun haben. Aber genau das ist ja, was ihr von den Menschen und unserer Regierung fordert – auf welche Reaktionen stoßt ihr dabei in unserer Region?
Helene: Das ist manchmal schwierig. Wir hatten mal einen Bürgerdialog, wo wir versucht haben, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Da gab es viele konservative Sichtweisen und Argumente, die wir als Bewegung nicht so nachvollziehen können, beispielsweise dass das, was wir fordern, eh nichts bringt und es ja schon immer eine Klimaerwärmung gab. Das stimmt auch, aber so stark wie sie zurzeit ist, ist weder normal noch akzeptabel.
Newspager: Kennst du solche Sichtweisen auch aus deinem direkten Umfeld, also von Freunden oder deiner Familie?
Helene: Da zum Glück eher nicht, die sind alle ziemlich „grün“ eingestellt. (lacht) Aber ich glaube, es ist gerade da auch schwierig. Entweder man kann gerade mit den Menschen gut diskutieren, die einem nahe stehen, oder man lässt es bleiben, weil man sich nicht verkrachen will.
Newspager: Euer Projekt ist rein ehrenamtliche Arbeit, ihr finanziert euch durch Spenden. Was genau macht ihr außer Demos eigentlich noch so? Was sind genau deine Aufgaben in eurer Ortsgruppe, und wie viel Zeit investierst du darin?
Helene: Also ich selbst bin Delegierte unserer Ortsgruppe, davon gibt es bei uns zurzeit drei. Wir sind bei bundesweiten Telefonkonferenzen dabei, wo sich alle Ortsgruppen miteinander vernetzen und austauschen. Außerdem gibt es noch andere Aktionen zu planen, wie Müll sammeln zum Beispiel und dass man allgemein versucht, mehr Menschen zu erreichen. Werbematerial für die Streiks zu organisieren gehört auch dazu. Organisation innerhalb und außerhalb der Gruppe sind besonders wichtig, sowie die Präsenz in den sozialen Medien.
Newspager: Falls jemand aus unserer Leserschaft bei euch mitmachen möchte, wo sollte man sich dann melden?
Helene: Es gibt eine App, die heißt „App For Future“, da sieht man alle Ortsgruppen im Überblick und auch jeweils die Kontaktdaten. Natürlich kann man uns auch einfach auf Streiks ansprechen oder falls wir uns in der Schule begegnen. Ansonsten findet man uns auch leicht auf Social Media.
Newspager: Gibt es noch etwas, das du gern an unsere Leser loswerden möchtest?
Helene: Wenn ihr euch dafür interessiert, dann macht gerne mit – neue Leute können wir immer gebrauchen.
Newspager: Vielen Dank für deine Zeit, Helene!
cde
* Bilder zur Verfügung gestellt von Helene Adam