VORURTEILE AUFGEKLÄRT: DIE WAHRHEIT ÜBER DAS PSYCHOLOGIESTUDIUM – EIN INTERVIEW MIT ANNALENA MEYER
Das Klischees ist klar: Wer Psychologie studiert, therapiert später Menschen. Das glauben viele Menschen. Außerdem sind Psychologiestudierende Streber und durchschauen mit ihrer Menschenkenntnis sofort jeden unwissenden Gesprächspartner. Warum das nur ein Teil der Wahrheit ist, worum es in dem Studium geht und weshalb man es studieren sollte, das hat uns Annalena Meyer, die letztes Jahr ihr Abitur an der EGE absolvierte, in einem Gespräch erläutert.
Wo und in welchem Semester studierst du?
Ich studiere in einer Fernuniversität, der Euro-FH in Hamburg. Dort ist es so, dass man praktisch keine Semester hat. Man kann einfach anfangen, wann man möchte und sich alles komplett frei einteilen. Ich sag mal, ich befinde mich zurzeit am Ende des ersten Semesters, so wie man es auch von der Regelstudienzeit gewohnt wäre.
Wie lange ist die Regelstudienzeit normalerweise?
Das sind drei Jahre, also sechs Semester.
Was sind Voraussetzungen für ein Psychologiestudium, sowohl schulisch als auch sozial?
Um Psychologie zu studieren, muss man auf jeden Fall Lust darauf haben und man darf keine falschen Erwartungen haben. Zum Beispiel, dass man im Psychologiestudium lernt, wie psychische Krankheiten funktionieren oder wie man etwas dagegen tun kann. Es ist mehr ein Kennenlernen, wie der Mensch funktioniert. Auch ganz, ganz viel Statistik und Analyse ist dabei. Man sollte sich als Voraussetzung die verschiedenen Inhalte des Studiums anschauen, weil man schnell einen falschen Eindruck des Studiums bekommt. Außerdem hat es, wenn du an einer Präsenzuni studierst, einen ziemlich komplizierten NC. Die Uni mit dem niedrigsten NC war 1,5. Die meisten Unis haben aber einen NC von 1,1 oder 1,2. Also ist es auch schwierig, da rein zu kommen. Bei der Fernuni gab es keinen NC, das war aber nicht der Grund, weshalb ich mich dafür entschieden habe.
Womit befasst sich das Studium grob gesagt?
Grob gesagt, damit, wie das Denken und Handeln eines Menschen funktioniert. Es wird erklärt, wie aufgrund physischer Gegebenheiten der Mensch handelt, wie man sich im Umfeld verhält und woher dieses Handeln und Denken des Menschen kommt.
Gibt es im Studium einen Realitätsbezug bzw. ist es an die Realität angepasst?
Ja, da war ich selbst positiv überrascht. Es ist alles an irgendwelche Studien angelehnt. Damit wird sehr viel messbar gemacht. Die Psychologie ist eine richtige Wissenschaft, in der ganz viel experimentiert wird. Die meisten Themen, die man in der Psychologie findet, sind aus dem Alltagskontext genommen. Das heißt, Fragen die man im Alltag gestellt bekommt und Probleme, mit denen man konfrontiert wird, werden in der Psychologie wissenschaftlich analysiert und erklärt.
Wie praxisnah ist das Studium?
Ich glaube, es ist praxisnah, wenn man es tatsächlich in Präsenz macht, aber da ich den Bachelor mache und Psychologie total vielseitig ist, hat man mit Praxis gar nicht so viel zu tun. Im späteren Verlauf werde ich dann sehr viel zu Forschungsmethoden herausfinden, da muss ich praxismäßig Hausarbeiten und Berichte schreiben und Umfragen durchführen, all das was man für wissenschaftliche Dinge in der Psychologie macht. Aber an sich wird es erst praxisnah, wenn man den Master macht, beziehungsweise wenn man sich freiwillig zwischendurch für Praktika oder so etwas entscheidet.
Viele Menschen haben das Vorurteil, dass alle Psychologiestudierende gleich Psychologe/in werden und es kaum andere Möglichkeiten gibt. In welchen Arbeitsfeldern kann man nach Absolvierung des Psychologiestudiums tätig sein?
Das ist eine sehr gute Frage, weil man eigentlich alles machen kann. Man kann natürlich den klassischen Weg gehen und Psychologe/in werden und Psychotherapie und Beratung machen. Um Psychater/in zu werden, muss man allerdings Medizin studieren, weil es da eben beispielsweise um medikamentöse Behandlungen geht. Man kann auch ins Marketing gehen, was sehr interessant ist. Man kann verschiedene Beratungsangebote machen. Man kann natürlich auch Workshops leiten oder Reden für Menschen schreiben, weil man weiß, wie das menschliche Denken funktioniert und damit sehr gut Menschen beeinflussen kann oder Menschen dabei unterstützen kann, sich besser darzustellen.
Mit welchen Vorurteilen wird man als Psychologiestudent/in noch konfrontiert?
Also ich hab das Gefühl, oft als überambitioniert eingestuft zu werden wie: "Ja, du bist jetzt erst im dritten Semester und du denkst jetzt schon darüber nach, wie ich fühle und ticke.” Das Klischee ist natürlich, dass man gleich jeden psychologisch einschätzt oder zu jedem gleich eine Diagnose stellt, was absolut nicht der Fall ist. Denn sobald man anfängt, Psychologie zu studieren, merkt manwie komplex der Mensch eigentlich ist. Und einen Menschen direkt einzuschätzen, ist absolut nicht möglich. Mit diesem Vorurteil wird man oft konfrontiert. Genauso wie mit dem Vorurteil, dass man mit dem Psychologiestudium nur Psychologe/in werden kann.
Das Klischee ist natürlich, dass man gleich jeden psychologisch einschätzt oder zu jedem gleich eine Diagnose stellt, was absolut nicht der Fall ist. Denn sobald man anfängt, Psychologie zu studieren, merkt manwie komplex der Mensch eigentlich ist.
Warum studierst du Psychologie? Warum sollte man Psychologie studieren?
Ich fang mal damit an, warum man Psychologie studieren sollte. Es gibt einen ganz großen Bedarf an PsychologInnen in Deutschland. Und je mehr Leute natürlich Psychologie studieren, desto mehr Möglichkeiten gibt es später, dass PsychologInnen ausgebildet werden. Außerdem ist es total wichtig zu wissen, wie man auf andere Menschen wirkt oder warum Menschen handeln, wie sie handeln. Man kann, denke ich, ein viel ruhigeres Leben führen, wenn man weiß, warum andere Menschen Dinge tun, die sie eben tun. Und weil man sich selber auch besser einschätzen kann. Ich zum Beispiel bin jemandem begegnet, der an unserer Uni studiert, der über fünfzig Jahre ist und Polizeikommisar war. Er meinte, er habe sein Leben lang Menschen kennengelernt und verhafteth. Aber jetzt möchte er wissen, warum die Menschen so gehandelt haben. Ich denke, es geht ganz viel darum, die eigenen Interessen zu befriedigen.
Ich persönlich studiere Psychologie, weil ich selber psychisch krank bin und auch schon eine Therapie in Anspruch genommen habe, die mir persönlich allerdings nicht sehr viel weitergeholfen hat. Ich möchte mich tatsächlich selber in die Psychologierichtung bewegen, weil ich eine bessere Psychologin sein will, als es mein Psychologe für mich war.
Man kann, denke ich, ein viel ruhigeres Leben führen, wenn man weiß, warum andere Menschen Dinge tun, die sie eben tun. Und weil man sich selber auch besser einschätzen kann.